
Mondpreise der Bauwirtschaft werden nicht mehr mitgetragen
Diesem Treiben muss Einhalt geboten werden, weil überschuldete Städte wie Pirmasens damit vollends in den Ruin getrieben werden
Stadtratsfraktion DIE LINKE – PARTEI: Abzocke entgegentreten – Gesetzgeber muss handeln
Laut statistischem Bundesamt sind die Baukosten seit 2015 um durchschnittlich 15 Prozent gestiegen. Darin enthalten sind die Preisentwicklungen bei Rohstoffen, Löhnen, Gehältern und weiteren Parametern. Die Marktentwicklung wird monatlich im Baukostenindex eingepreist und bildet die Grundlage für die Ausschreibung von Bauleistungen. Die Kommunen sind im Vergaberecht an genau definierte Vorgaben bei der Leistungsbeschreibung und insbesondere bei der Kostenschätzung nach DIN-Norm gebunden. Als wäre die reale Kostenentwicklung von 15 Prozent nicht schon schwer genug zu verkraften, liegen die Forderungen der Bauunternehmer weit darüber: Steigerungen von 70, 80 oder 100 Prozent bei den Baukosten sind inzwischen keine Seltenheit mehr. Andererseits wurden aus den milliardenschweren kommunalen Infrastrukturprogrammen des Bundes bisher nur 1 Prozent der Mittel abgerufen, weil Kommunen fürchten müssen, auf Grund der Hochkonjunktur und der Preisexplosion am Bau Fristen nicht einhalten zu können oder Eigenanteile unfinanzierbar werden.
Dazu erklärt der Vorsitzende der Stadtratsfraktion DIE LINKE – PARTEI, Frank Eschrich: „Wir werden die Mondpreise der Bauwirtschaft nicht mehr mittragen und zukünftig jede Erhöhung von Kostenvoranschlägen oder Kostenfortschreibungen bei bereits im Bau befindlichen Projekten kategorisch ablehnen. Ein enges Regelwerk legt bis ins Detail fest, wie die Ausschreibung einer Bauleistung durch die Kommune zu erfolgen hat und welche Preise für die einzelnen Gewerke anzusetzen sind. Die Kalkulationen des Bauamtes bei Ausschreibungen werden in der Regel korrekt ausgeführt und berechnen auch reale Kostensteigerungen während der Bauzeit angemessen ein. Was sich im Bausektor abspielt, hat mit Marktwirtschaft und kaufmännischer Sorgfaltspflicht allerdings nichts mehr zu. Die Bauunternehmen nutzen die hohe Nachfrage in einer nicht zu überbietenden Schamlosigkeit aus und füllen sich die Taschen auf Kosten der Steuerzahler. Es gibt keine reale Grundlage, warum die exakt gleiche Leistung morgen doppelt so teuer sein sollte als heute.
Diesem Treiben muss Einhalt geboten werden, weil überschuldete Städte wie Pirmasens damit vollends in den Ruin getrieben werden. Den Kommunen selbst sind dabei die Hände gebunden, sie sind auf Gedeih und Verderb der Bauwirtschaft ausgeliefert. Deshalb sind nun der Gesetzgeber und die Kartellbehörden gefragt, die den Wucher beenden müssen. Es geht hier nicht um private Luxusbauten, sondern um den gewissenhaften und sparsamen Umgang mit Steuergeld, mit dem die Kommunen ihren Pflichtaufgaben bei der Aufrechterhaltung der kommunalen Infrastruktur nachzukommen haben. Die gesetzliche Grundlage dafür bietet Paragraph 2 des Preisgesetzes. Demnach können die Länder Anordnungen und Verfügungen erlassen, durch die Preise und Entgelte für Güter und Leistungen jeder Art, ausgenommen Löhne, festgesetzt werden können. Im Zusammenhang mit der Mietpreisbremse hat der wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages am 19. Februar 2019 die Gültigkeit des Preisgesetzes bestätigt, denn das Bundesverfassungsgericht habe die Geltung des Preisgesetzes bei Preisen für Bauleistungen mit öffentlichen Mitteln bereits 1995 bejaht. Die gesetzliche Grundlage für eine Baupreisbremse ist vorhanden – was noch fehlt, ist der politische Wille, die Steuerzahler vor der Gier der Bauindustrie zu schützen.“
Frank Eschrich, Vorsitzender Stadtratsfraktion DIE LINKE – PARTEI